07/2025 Teamwork im Quadrat
BEWEGEN
Dacharbeiten mit geringem Umfang
Bereits geringe Höhen reichen, um sich bei einem Absturz schwere Verletzungen zuzuziehen. Wenn keine kollektiven Absturzsicherungen möglich sind, kann in Ausnahmefällen die persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) eingesetzt werden, um solche Unfälle zu verhindern. Wie die PSAgA bei Dacharbeiten mit geringem Umfang gezielt und verantwortungsvoll verwendet wird, erklärt Felix Sutter von der Peterhans, Schibli & Co. AG im Interview.
Text und Bilder Holzbau Vital
Die Peterhans, Schibli & Co. AG aus Fislisbach (AG) vereint seit über 65 Jahren Holzbau und Schreinerei zu einem starken Gesamtpaket. Die enge Zusammenarbeit beider Gewerke ermöglicht effiziente Abläufe und individuelle Lösungen. Realisiert werden Projekte vom Innenausbau über Denkmalpflege bis hin zum Holzhausbau – regional und schweizweit. Für die 63 Mitarbeitenden stehen dabei Qualität, Freude am Handwerk und nicht zuletzt auch die Sicherheit im Mittelpunkt.
Dacharbeiten von geringem Umfang
Für Dacharbeiten von geringem Umfang – wenn diese insgesamt weniger als zwei Personenarbeitstage pro Dach beanspruchen – ist der Einsatz persönlicher Schutzausrüstungen gegen Absturz (PSAgA) zulässig und diese werden bei der Peterhans, Schibli & Co. AG auch entsprechend genutzt. In solchen Fällen sind zusätzliche Absturzsicherungen erst ab einer Höhe von mehr als drei Metern vorgeschrieben, bei erhöhter Rutschgefahr bereits ab zwei Metern. Bei Dachneigungen bis 60 Grad wird vom Unternehmen in der Regel eine Seilsicherung eingesetzt, bei steileren Dächern ab 60 Grad Neigung kommen Hubarbeitsbühnen oder vergleichbare Hilfsmittel zum Einsatz. Diese Regelung gilt vor allem für kurzzeitige Tätigkeiten wie den Austausch von Dachfenstern oder Kontrollen.
Bei einer kürzlich durchgeführten Dachsanierung setzte die Peterhans, Schibli & Co. AG zusätzliche Sicherheitsmassnahmen um: Über einem WC-Bereich ist beispielsweise ein spezielles Arbeitsgerüst errichtet worden, um die darunterliegende Sanitärkeramik zu schützen und gleichzeitig eine ergonomische Arbeitshöhe zu schaffen. Dadurch konnte der Einsatz von PSAgA auf ein Minimum reduziert werden.
Gegenseitige Kontrolle
Arbeiten mit einer PSAgA erfordern eine erhöhte Aufmerksamkeit, da sich die Sicherheitslage bereits durch kleine Veränderungen am Arbeitsplatz rasch ändern kann. Zudem sind längere Einsätze körperlich belastend und können ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugen, wenn sich trotz fehlerhafter Anwendung kein Zwischenfall ereignet. Wichtig ist: Beim Einsatz von PSAgA müssen stets zwei geschulte Personen vor Ort sein – sowohl zur gegenseitigen Kontrolle als auch, um im Notfall eine Rettung durchführen zu können. Ein detailliert abgestimmter Rettungsplan ist dabei unerlässlich, um im Ernstfall wertvolle Zeit zu sparen. holzbau-vital.ch
«An stressigen Tagen schaue ich doppelt so genau hin»
Felix Sutter, Sie sind in der Freizeit ein begeisterter Klettersportler. Wie fühlt es sich an, wenn Sie in der Freizeit mit Freude klettern, aber auf dem Dach bei der Arbeit keinen Sturz riskieren dürfen? Spüren Sie den Unterschied im Kopf – oder im Gurt?
Felix Sutter: Privat nutze ich einen Sitzgurt, bei der Arbeit einen Auffanggurt. Das fühlt sich deutlich anders an. Trotzdem fühle ich mich bei der Arbeit sicherer, weil die Systeme dafür ausgelegt sind und wir sie regelmässig anwenden.
Wenn Sie an die PSAgA-Schulung zurückdenken: Welcher Moment hat Sie am meisten beeindruckt oder nachdenklich gestimmt?
Besonders eindrücklich war die Rettungsübung. Da merkt man, dass es schnell ernst werden kann, wenn vorher nicht alles klar abgesprochen wird.
Viel Technik und viele Fachbegriffe stecken hinter der Sturzvermeidung – Fangstoss, Sturzraum, Bandfalldämpfer … Wie bleibt das nach der Ausbildung hängen?
Einiges kannte ich schon vorher, aber es war sehr viel Stoff an einem Tag. Wichtig ist, dass man das Gelernte direkt anwenden kann – so bleibt es besser hängen.
Es gibt inzwischen viele Systeme und Gerätschaften zur Sturzvermeidung – hilfreich oder verwirrend?
Wir haben uns bewusst auf ein System festgelegt. So bleibt es übersichtlich und die Sicherheit steigt, weil alle damit vertraut sind.
Was ist die grösste Stolperfalle beim Umgang mit einer PSAgA?
Einzelne Systeme wie Bandfalldämpfer können problematisch sein, wenn sie unnötig viel zusätzlichen Sturzweg verursachen. Man muss die richtige Lösung für die jeweilige Situation wählen.
Wie bringen Sie das Material aufs Dach, wenn es nicht über die Leiter getragen werden darf?
Bei uns läuft das fast immer über den Kran oder andere Hebemittel. Wir sind geschult, das richtig zu organisieren – Material über Leitern zu tragen, ist tabu.
Wie läuft bei Ihnen die Einsatzplanung für Arbeiten mit einer PSAgA ab?
Alles ist vom Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGeKo) festgehalten. Bevor wir anfangen, besprechen wir im Team, was genau gemacht wird und wer welche Verantwortung hat – inklusive Rettungsplan.
Wie sicher fühlen Sie sich, wenn Sie eingehängt sind?
Ich fühle mich grundsätzlich sicher. Aber an stressigen Tagen schaue ich doppelt genau hin – um sicherzugehen, dass nichts passiert.
Wie oft würden Sie den Auffrischungskurs machen – und was wäre Ihnen dabei wichtig?
Alle zwei Jahre sind ideal für eine Auffrischung. Besonders wichtig sind dabei die Themen «Anschlagpunkte richtig setzen» und «Wie reagiere ich, wenn etwas passiert?»
Was raten Sie einem jungen Kollegen vor seiner ersten Arbeit mit PSAgA?
Einfachheit geht vor Perfektionismus. Lieber klare, einfache Lösungen wählen, zum Beispiel eine Leiter bereithalten oder ein einfaches Rettungskonzept wählen, als komplizierte Systeme, die im Ernstfall keiner bedienen kann.
Wichtig beim Einsatz der PSAgA
- Einsatzbereich der PSAgA: Ist zulässig bei Dacharbeiten von weniger als zwei Personenarbeitstagen pro Dach. Eine zusätzliche Absturzsicherung ist ab drei Metern Absturzhöhe erforderlich, bei Rutschgefahr ab zwei Metern.
- Art der Sicherung: Bis 60 Grad Dachneigung genügt eine Seilsicherung, ab 60 Grad Neigung sind Hub-
arbeitsbühnen oder vergleichbare Hilfsmittel erforderlich. - Beispiel aus der Praxis: Spezielles Arbeitsgerüst schützt darunterliegende Bereiche und ermöglicht ergonomische Arbeitshöhen. Die PSAgA kann nur ergänzend eingesetzt werden.
- Besonderheiten beim Einsatz einer PSAgA: Erfordert hohe Konzentration. Längere Einsätze können belastend sein und ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugen.
- Rettungs- und Teamkonzept: Mindestens zwei geschulte Personen sind notwendig. Erstellung eines klaren Rettungsplans vor Beginn der Arbeiten ist unabdingbar.





